Regierungen zum Kampf gegen grösste Epidemie aller
Zeiten aufgerufen
7 Mai 2007
Barcelona. Die Diabetes-Pandemie droht, das globale Gesundheitssystem zu
überfordern. Die Internationale Diabetes Föderation (IDF) hat heute eine
neue Konsenserklärung zur Prävention von Diabetes präsentiert, die in der
Maiausgabe von "Diabetic Medicine" veröffentlicht wird. Die Erklärung folgt
auf eine Resolution der UN-Hauptversammlung im Dezember 2006, die zum
gemeinsamen internationalen Handeln aufruft.
"Die UN-Resolution stellt einen Riesenschritt im Kampf gegen die grösste
Epidemie der Menschheitsgeschichte dar. Diabetes ist für beinahe 4 Mio.
Todesfälle jährlich verantwortlich. "Mit derzeit 246 Mio. Diabeteskranken
und voraussichtlich 380 Mio. bis 2025 ist Diabetes auf dem besten Wege, die
nationale Wirtschaft zahlreicher Länder in den Bankrott zu treiben(1)", so
Prof. Paul Zimmet, Leiter des Internationalen Diabetes Instituts und Koautor
der Konsenserklärung. "Dem Typ-2-Diabetes kann vorgebeugt werden, es bedarf
jedoch enormen politischen Willens seitens der Regierungen, um dies zu
realisieren. Erreicht werden kann dies durch Schaffung eines Umfeldes, das
dem Einzelnen Änderungen bei seiner Lebensweise ermöglicht. Deshalb fordern
wir alle Länder auf, die UN-Resolution zu unterstützen und die gesamte
Bevölkerung bei der Ausarbeitung und Umsetzung nationaler Pläne zur
Prävention von Diabetes ins Visier zu nehmen."
Der neue IDF-Konsens empfiehlt eine Identifizierung aller Personen mit
hohem Risiko an einer Typ-2 Diabetes zu erkranken mittels opportunistischem
Screening durch Ärzte, Krankenpflegepersonal, Apotheker sowie durch Selbst-
Screening.
Prof. Sir George Alberti, Ex-Präsident der IDF und Koautor des neuen IDF-
Konsenses äusserte sich dazu: "Es gibt eine Fülle von Beweisen aus Studien
in den USA, Finnland, China, Indien und Japan, dass ein Wandel der
Lebensweise (Erzielung eines gesunden Körpergewichts und körperliche
Betätigung) eine Erkrankung an Typ-2 Diabetes bei hochgefährdeten
Personen(2-6) verhindern kann. Der neue IDF-Konsens tritt dafür ein, dass
dies zur ersten Intervention für alle Typ-2 Diabetes Risikogruppen wird,
gefolgt von einer Schwerpunktsetzung auf Gesundheitsstrategien für die
Bevölkerung."
Neben dem Bedarf an Änderungen bei der Lebensweise sieht die IDF
einflussreiche Umweltkräfte als ausschlaggebende problematische Faktoren für
Verhaltens-, Ernährungs- und Bewegungsmuster der Gesellschaft.
"Unsere Regierungsbehörden haben möglicherweise unbewusst zu dieser
Epidemie beigetragen, indem sie Bauunternehmern erlaubt haben, Nährboden für
urbane Sozialprobleme zu schaffen", so Prof. Avi Friedman, Professor für
Architektur an der McGill Universität in Montreal. "Die Ausuferung des
Ballungsraumes bildet einen wesentlichen Bestandteil der neuen
Stadtentwicklung ohne Rücksicht auf Gebäudedesign, Gehsteige, Radfahrerwege,
öffentliche Verkehrsmittel, Spielwiesen sowie freundliche Sportbereiche. All
dies sind grundlegende und lebensnotwendige Voraussetzungen für Personen,
die gesund leben und fit bleiben wollen."
Die nationalen Pläne zur Prävention von Diabetes bedürfen daher
koordinierter politischer und gesetzlicher Änderungen auf allen Sektoren,
einschliesslich Gesundheitswesen, Schulwesen, Sport und Landwirtschaft, wie
auch die Bildung strategischer Partnerschaften. Dabei muss auf kulturelle
Sensitivität sowie die Mobilisierung aller Gesellschaftssektoren geachtet
werden.
"Diabetes ist bereits zu einer massiven sozialen Belastung geworden. Nun
liegt es an den Politikern zu entscheiden, ob sie weiterhin enorme
Geldsummen für akute Therapien und Medikamente aufwenden oder in
Präventivmassnahmen für gezielte Änderungen der Lebensweise in der gesamten
Bevölkerung investieren", so Prof. Alberti.
"Was Regierungen weltweit benötigen, ist eine Kyoto-ähnliche Konvention
für die Prävention und das Management von Diabetes. Nur so können wir
verhindern, dass dieses Problem in eine Katastrophe ausufert", folgerte
Prof. Zimmet.
Für weitere Informationen steht Ihnen die Internetübertragung der
Pressekonferenz unter http://www.idf.org/webcast/barcelona zur Verfügung.
Die Internationale Diabetes Föderation (IDF) ist globaler Fürsprecher von
über 240 Mio. Diabetes Patienten weltweit. Sie vertritt 200 Diabetes-Verbände
in über 150 Ländern. Das Ziel der IDF ist, die Behandlung, Vorbeugung und
Heilung von Diabetes weltweit voranzutreiben. Die IDF ist eine NGO und
unterhält offizielle Beziehungen zur Weltgesundheitsorganisation.
Über Diabetes
Jährlich erkranken 7 Mio. Personen an Diabetes. Die höchste Zunahme bei
Neuerkrankungen an Typ-2 Diabetes verzeichnen Bevölkerungen mit rapiden und
einschneidenden Änderungen ihrer Lebensweise. Dies stellt die wichtige Rolle
von Lifestyle-Faktoren heraus sowie das Potenzial dieser globalen Epidemie
Einhalt zu gebieten. Personen mit Typ-2 Diabetes weisen ein zwei- bis
vierfach höheres Risiko auf, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung (CVD) zu
erkranken und 80% der Diabetespatienten sterben an deren Folgen. Vorzeitige
Mortalität infolge von Diabetes führt zu einem geschätzten Verlust von 12-14
Lebensjahren. Auf eine Person mit Diabetes entfallen 2- 5-mal höhere
Gesundheitskosten als auf Personen ohne Diabetes. Die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass bis zu 15% des
jährlichen Gesundheitsbudgets für Diabetesbedingte Erkrankungen aufgewendet
werden (www.idf.org).
Überzeugende Beweise liegen dafür vor, dass eine gute Kontrolle des
Blutzuckerspiegels sowie entsprechendes Management von Bluthochdruck und
Fettprofil (Blutfette) die Progression in Richtung bzw. von Typ-2 Diabetes
verlangsamen und das Risiko von auftretenden Komplikationen (z.B. Herz-
Kreislauf-Erkrankung, Augen- und Nierenleiden) bei Diabetespatienten
beträchtlich verringern können.
Quellenangabe
(1) Diabetes-Atlas, 3. Auflage, Internationale Diabetes Föderation 2006
(2) Pan X, Li g, Hu Y, Wang J, Yang W, An Z. Effects of diet and exercise
in preventing NIDDM in people with impaired glucose tolerance. The Da Qing
IGT and Diabetes Study. Diabetes Care 1997; 20: 537-544
(3)Tuomilehto J. Lindstrom J, Eriksson J, Valle T, Hamalainen H.
Prevention of type 2 diabetes mellitus by changes in lifestyle among
subjects with impaired glucose tolerance. N Engl J Med 2001; 344: 1343-1350
(4) Ramachandran A, Snehalatha C, Mary S, Mukesh B, Bhaskar A, Vijay V.
The Indian Diabetes Prevention Programme shows that lifestyle modification
and metformin prevent type 2 diabetes in Asian Indian subjects with impaired
glucose tolerance (IDPP-1). Diabetologia 2006; 49 (2): 289-297
(5) Knowler W, Barrett-Connor E, Fowler SE, Hamman RF, Lachin JM.
Reduction in the incidence of type 2 diabetes with lifestyle intervention or
metformin. N Engl J Med 2002; 346: 393-403
(6) Kosaka K, Noda M, Kuzuya T. Diab Res Clin Pract 2005; 67: 152-162
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